PROZESSBILDER
Anna-Lena Kellermann
"Im Prozess: Kerberos der Höllenhund nimmt Gestalt an."
Da wir uns am
Anfang des Seminars damit auseinandersetzen konnten, welches Thema wir
verwenden wollten, fiel meine Wahl sehr zügig auf den Begriff Mythologie. Weil ich mich für die
Thematik interessierte, versuchte ich die beiden Begrifflichkeiten aneinander
heranzuführen und künstlerisch zu vereinen.
Die Arbeit ist in drei Themenkomplexe unterteilt, welche die Polyzephalie, die Polymelie und die Zyklopie tangieren. Diesbezüglich wollte ich berühmte mythologische Kreaturen, wie beispielsweise den Zyklopen entschlüsseln und die Mythologie mit einer Krankheit als deren Ursprung verbinden. Beim Beispiel des Zyklopen erscheinen hier die Zyklopie sowie die Verwechslung mit Elefantenschädeln als Ursprung des Mythos.
Hanna Theresa Schaer
"Im Radio habe ich vor längerer Zeit eine kurze Erzählung gehört. Es war eine Lesung der Geschichte 'Die Pest von Bergamo' von Jens Peter Jacobsen. Im Originalen ist diese Geschichte von einer Frau mit einer sehr schönen, tiefen Stimme gelesen. Nach einigem Suchen habe ich auf YouTube eine kostenlose Hörfassung gefunden.
Diese Geschichte handelt von einem fiktiven Pestausbruch in der Stadt Bergamo und davon, wie die Bevölkerung mit diesem Ausbruch umgeht.
Ich hörte mir diese Erzählung in der Zeit vom März, April und Mai einige Male an. Während dieser Zeit des Hamsterns und Toilettenpapierhortens erschienen mir die Inhalte dieser Erzählung gar nicht mehr so absurd."
Nina Bauer
"Ein Herzinfarkt entsteht, wenn sich eine Koronararterie akut verschließt, meist durch eine Arteriosklerose hervorgerufen. Sogenannte Plaques verstopfen oder verschließen die Gefäße, die den Herzmuskel mit Blut versorgen. Kann der Blutfluss nicht schnell wieder hergestellt werden, sterben Zellen des Herzmuskels nach einigen Minuten bis Stunden ab. Ein sogenannter Myokardinfarkt ist ein lebensbedrohliches Ereignis."
Stella Martins
"Krankheit ist so ein deprimierendes Thema, das uns sowieso gerade die ganze Zeit umgibt. Ablenken kann ich mich davon meistens, wenn ich Kochvideos schaue. Aber lassen sich beide Themen nicht auch verbinden, wenn man an die typische Erkältungssuppe denkt? Gibt es auch andere Gerichte, die gegen Krankheiten serviert werden, in anderen Kulturen? Und welche Nahrungsmittel werden eigentlich auch als Medizin bei bestimmten Krankheiten verwendet?"
Sebastian Ernst
"Nanotechnology:
the branch of technology that deals with dimensions and tolerances of less than 100 nanometres, especially the manipulation of individual atoms and molecules." (Quelle: https://www.ece.cornell.edu/nanotechnology)
"Heilung, Übernahme, Regeneration, Assimilation,
Maschinen im eigenen Körper? Eine gruselige dystoptische Vorstellung für die Meisten, ein Hoffnungsschimmer für andere. Äüßerst langsamer Forschritt in einem wichtigen Feld voller Möglichkeiten."
Alexander Schomburg
"Ich entschied mich für das Thema Migräne aufgrund meiner Auseinandersetzung mit der Krankheit seit meiner Kindheit. Ich wollte in drei Bildern zeigen, wie sich Migräne durch das ganze Leben zieht. Zudem sollte durch die Farbgebung die einhergehende Sehbeeinträchtigung und häufige Migräneaura dargestellt werden. Zunächst fertigte ich mehrere Skizzen mit Bleistift an. Ich probierte mich mit Acrylfarbe aus, merkte jedoch schnell, dass die Farbe mir zu deckend und kräftig erschien. So entschied ich mich für Aquarellfarbe. Meine ersten Entwürfe fertigte ich mit Aquarellstiften an, um mich der Aquarellmalerei anzunähern. Ich vollendete ein DinA4 Bild, welches ich als Grundlage für meine Bildreihe verwendete.
Sarah Schwager
"Im Rahmen des
Seminars habe ich mich mit der Mythologie beschäftigt, da die
moderne Mythologie einen sehr interessanten Zugang zum Thema Krankheiten
beinhaltet- die Apokalyptische Vorstellung der lebenden Toten: Zombies. Der
dazugehörige deformierte Geist und die Seele bilden einen großen Teil der Legende,
in der sie sich vom Menschen abheben. Mein Beitrag zum
Seminar besteht hierbei aus einer dreiteiligen Arbeit.
Im ersten Teil habe ich mich mit dem Körper des Zombies beschäftigt. Als Medium nahm ich Wachs und tropfte dieses auf ein Skelett aus Draht. So baute ich den Körper eines Wesens auf, das zum einen durch das recht lebendige Material (Wachs als Baustein von Bienenstöcken und grundlegendes Material von Kerzen, die uns Licht in der Dunkelheit bringen) nicht nur dynamisch anmutet, aber zum anderen auch sehr steif durch die Härtung und das vorgegebene Skelett in einem Zwischenraum von Leben und Tod spielt.
Dabei kamen ganz unterschiedliche Ergebnisse heraus; denn je öfter ich diesen Prozess vollzog, entwickelten die Figuren schnell eine eigene Haltung, Persönlichkeiten und Gesichter. Das Wachs fand eigene Wege, um den Körper zu formen und den Figuren nicht nur eine Gestik, sondern auch eine Mimik zu verleihen.
Dies versuchte ich im nächsten Schritt zu verdeutlichen, indem ich zeichnerisch einige Merkmale herausarbeitete und ihnen so ein tatsächliches Gesicht verliehen habe.
Im dritten Schritt galt es nun, diese Figuren in einen Kontext einzubetten, sodass ich Fotos von unterschiedlichen Gegenden machte und dort die Figuren platzierte."
"Vom Thema Krankheiten bei
Pflanzen kommend, wurde der Aspekt Krankheit auf den Menschen übertragen, um
losgelöster von einer emotionalen Aufladung das Thema Krebs und Chemotherapie
betrachten zu können. Eine (ästhetische) Auseinandersetzung mit 'Krankheiten
bei Pflanzen' bot im Prozess eine distanzschaffende Abstraktion des
eigentlichen Themas: Krebs und die Folgen der Behandlung durch eine Chemotherapie
bei einem nahestehenden Menschen.
Um sich dem eigentlichen Ziel
wieder zu nähern, musste der Fokus neu gelegt werden. Aus einer Bildreihe von
Ferdinand Hodler, in welcher er sich intensiv mit seiner krebskranken Geliebten
Valentine Godé-Darel beschäftigte, wurde ein neuer Ansatz gefunden. Der
Künstler verfolgte ihre Krankheit in schnellen, skizzenhaften und dadurch
illusionslosen und unmittelbaren Zeichnungen und Gemälden. In Arbeiten von Luc
Tuymans (z.B. The Time, 1988) wurde ein weiterer Aspekt als
Hilfestellung gefunden, der zwar weniger das Thema Krankheit beinhaltet, in dem
jedoch eine Bildsprache zur Thematisierung negativer Zusammenhänge zu finden
ist. Diese Bildsprache inspirierte zu einer impliziteren Motivik, die eher
objekthaft und architektonisch ein eigentliches Thema andeutet.
In der eigenen Arbeit sollte
nicht die Krankheit an sich untersucht werden, sondern die Heilung dieser durch
eine Chemotherapie. Diese Behandlungsform weist die Ambivalenz auf, dass das
positive, erstrebenswerte Ziel der Heilung bloß durch einen Weg voller
Veränderungen und Strapazen erreicht wird. Daraus folgten erste Arbeiten,
welche die Umgebung, in der sich die Folgen der Behandlung abzeichnen,
untersuchen. Zur Motivfindung dienten dazu einerseits persönliche Erinnerungen
an prägnante Momente in der Begleitung eines nahestehenden Menschen in einer
Chemotherapie, sowie ein fortlaufender Austausch mit diesem Menschen."
AYA
U N Z U L Ä S S I G E K A T E G O R I E N
Auf den ersten Blick erscheinen medizinische Diagnosen meist eindeutig. Bei einigen physischen Krankheiten, wie beispielsweise einem Armbruch, mag dies auch zutreffen. Doch der Mensch ist komplex und die Unterscheidung von "gesund" und "krank" oft schwer zu treffen, da die Übergängefließend sind, wie auch folgendes Sprichwort verdeutlicht: "Ein gesunder Patient wurde einfach nicht genau untersucht". Oftmals ist es auch schwer, herauszufinden was Ursache und was Symptom ist. Beispielsweise Rückenschmerzen, Tinnitus oder gar eine Depression können durch Stress und Überlastung am Arbeitsplatz herbeigeführt werden, da Psyche und Körper stark wechselseitig beeinflusst werden. Aber dieselben Beschwerden können auch ganz andere Ursachen haben. Der jeweilige kulturelle Kontext spielt für die Beurteilung von Krankheiten ebenfalls eine Rolle. Personen, die unser Orts zum Beispiel mit einer Sozialphobie (extrem stark ausgeprägter Schüchternheit) zu kämpfen haben, hätten im asiatischen Raum möglicherweise geringeren Leidensdruck, da starke Zurückhaltung dort, aufgrund gesellschaftlicher Konventionen eher als höflich denn als "unnormal" einstuft werden würde. Die Klassifizierung von Krankheiten geschieht auf Grundlage von Kriterienkatalogen, die alle Krankheitsbilder genau definieren. Oftmals gibt es hierin jedoch auch Unschärfen und Spielräume, welche im Ermessen des behandelnden Arztes/Psychiaters liegen. So werden beispielsweise im ICD 10-Katalog zur Definition von Persönlichkeitsstörungen für dasKrankheitsbild "Borderline" insgesamt sechs Kriterien genannt, von denen jedoch nur vier zutreffenmüssen um eine Diagnose zu stellen. Folglich ist es möglich, dass zwei Menschen mit derselben Diagnose völlig unterschiedliche Ausprägungen haben.
Phillip Urban
"Zunächst habe ich mich mit dem Thema Haut beschäftigt. Dazu schaute ich mir die klassischen Visualisierungen von Lehrbüchern an. Diese sind oft relativ abstrakt und fast künstlerisch, wenn keine Beschreibung daran wäre. Dazu rötet sich meine Haut schnell rot, wenn ich mit Fingernägeln drüber kratze. Dazu habe ich ein Video erstellt mit verschiedenen "Linienführungen". Auch eine eigene künstlerische Umsetzung des innen liegenden Gewebes folgte darauf.
Weiterführend habe ich mich mit Urtikaria beschäftigt, eine Hautkrankheit, die starke Rötungen und weitere Symptome durch erhöhte Histamin-Werte im Körper aufweist. Dazu entsteht das finale Kohle-Bild, welches abstrakt gehalten werden sollte, um auch andere Assoziationen, abseits von Urtikaria, bilden zu können."Lion Joshua Gismor Arendt
"Die Auseinandersetzung mit der Wirbelsäule entstand durch die unmittelbare und emotionale Konfrontation mit der ihr inhärenten Verletzlichkeit. Die bereits seit mehreren Jahren andauernden Beschwerden an der Wirbelsäule meiner Mutter, welche im letzten halben Jahr bis zu Lähmungserscheinungen und Gesprächen über potentielle Entscheidungen über lebenserhaltenden Maßnahmen heranwuchsen, mündeten in zwei großen Operationen mitten in der bisherigen Hochphase der Covid19-Pandemie in Deutschland.
Die Wirbelsäule ist ein zentrales Element unseres Körpers. Sie steht ebenso für Stabilität wie für Beweglichkeit und ist die Straße unserer Nerven. Wird sie durchbrochen, verlieren wir abwärts der beschädigten Stelle jegliche Fähigkeit etwas zu spüren oder zu bewegen. Sie ist so bedeutsam und komplex, dass Teile der Operation nicht durch Menschen, sondern durch eine Maschine und ein Programm ausgeführt wurden.
Die Arbeit an der Thematik ist von einer Verbindung des emotionalen Verhandelns und dem wissenschaftlichen Recherchieren geprägt und versucht Aspekte beider Ebenen in ihrer Erscheinung zu spiegeln. Sie ist vermutlich therapeutischer als geplant und in ihrer Lesart problematisch."